Mit dieser Episode beenden wir unsere gedankliche Reise zum Stichwort „Schalomräume aufspannen“. Was wir miteinander bedacht haben, ist nicht nur eine kleine Korrektur am christlichen Selbstverständnis oder eine weitere Praktik, die es zu erlernen gibt. Wer nach grundlegenden Mustern des heutigen Christentums fragt, stößt auf den mächtigen Einfluss eines uralten, kosmotheistischen Weltbildes. Schalomräume sind ein Gegenentwurf zu dieser Weltsicht. Sie sind eine unscheinbare, aber wirksame Anders-Kultur inmitten einer Gesellschaft, in der es immer stärker um die Dominanz des Stärkeren geht.
00:00 Invertierte Räume und das kosmotheistische Christentum
01:34 1) Den großen Auftrag im Blick behalten
05:29 2) Destruktive Tiefenstrukturen im Kirchenverständnis
06:38 Muster 1: Kirchen-Egoismus
09:03 Muster 2: Missionarische Übergriffigkeit
13:11 Muster 3: Angeblich von Gott gewollte Ordnungen
15:39 Worin gründen sich diese mentalen Muster?
17:26 Was ist (altägyptischer) Kosmotheismus?
20:38 Jesus stand in der prophetischen Tradition
21:44 Das Bittere: Der Rückfall in alte Muster
25:12 Das Christentum reaktiviert den Kosmotheismus
29:03 Besonders frustrierend: Viele wollen es so
31:02 Wenn die Analyse stimmt, würde es manches erklären
33:04 3) Schalomräume als Gegenentwurf zum Kosmotheismus
33:43 (1) Schalomräume sind Binnenräume
37:00 (2) Schalomräume sind offene Innenräume
38:41 (3) Schalomräume sind öffentlich offene Innenräume
40:21 (4) Schalomräume folgen einer invertierten Logik
42:23 (5) Schalomräume werden nicht wie üblich geleitet
45:04 (6) Schalomräume sind wie Christus-Bubbles im großen Ganzen
48:36 (7) Schalomräume speisen sich aus unbegrenzten Energiequellen
52:56 … und jede:r kann sie erleben und initiieren
Materialtipps:
Vortrag: Sind monotheistische Religionen von innen her intolerant und gewalttätig? – Die kultur- und religionswissenschaftliche Diskussion über die sogenannte „Mosaische Unterscheidung“ oder: Warum ein kosmotheistisches Christentum die Jesus-Botschaft grundlegend falsch verstanden und verdorben hat: https://jensstangenberg.de/podcast/vortraege/2024/10/06/sind-monotheistische-religionen-von-innen-her-intolerant-und-gewalttaetig
Wer lange in verschiedenen christlichen Milieus unterwegs ist, macht eine irritierende Erfahrung. Nicht alles, wo „christlich“ draufsteht, ist auch „christlich“ drin. Eine christliche Binnenkultur ist dann alles andere als ein Schalomraum. Im Unterschied dazu trifft man nicht selten in nahezu vollkommen säkularen Kontexten viel eher auf das, was in diesem Podcast „Schalomräume“ genannt wird. In dieser Episode weiten wir den Blick und schauen skizzenhaft in verschiedene Fachbereiche. Das hilft dir, in deinem beruflichen Umfeld und mit deiner Expertise Augen für Gottes Handschrift in der Welt zu bekommen.
00:00 Ein Blick in außerchristliche Fachbereiche
01:56 „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“
04:58 Christliche Sprache ohne christlichen Inhalt
07:35 Mit allen Menschen guten Willens kooperieren
08:28 Bezüge, die bereits erwähnt wurden
09:28 Islands of Sanity – Margaret Wheatly
15:25 Theorie U – Otto Scharmer
20:37 Schalomräume in verschiedenen Fachbereichen
33:09 Eine verblüffende Brücke zur Digitalität
36:59 Verankert in der jüdisch-christlichen Geschichte
38:28 Noel Moules: Alles vom Schalom her denken
Literatur und Material:
- Margaret J. Wheatley: Restoring Sanity: Practices to Awaken Generosity, Creativity, and Kindness in Ourselves and Our Organizations, Oakland USA 2024.
- Otto Scharmer, Essentials der Theorie U: Grundprinzipien und Anwendungen, Heidelberg 2022.
- Noel Moules, Fingerprints of Fire, Footprints of Peace: A Spiritual Manifesto from a Jesus Perspective, 2012.
- Team Unser – Kollektive Intelligenz
https://teamunser.de/
Woran liegt es, dass es so schwer ist, „die Mitte“ freizuhalten? Antwort: Es hängt mit unserem kulturellen Ichbewusstsein und Seinsverständnis zusammen. Die deutsche Geistesgeschichte hat im Zeitalter der Moderne einen hohen Wert auf die Autonomie des Individuums gelegt. Diese Art von Freiheitsverständnis hat jedoch zu viel Rücksichtslosigkeit und zu vielen Konflikten geführt. Ganz anders der französische Philosoph Emmanuel Lévinas: Er betont, dass uns im Anderen ein unverfügbares Angesicht ansieht und in Verantwortung füreinander ruft. Seine Philosophie hilft dabei, das Geheimnisvolle von Schalomräumen noch tiefer zu verstehen.
00:00 Die unendliche Andersheit des Anderen
05:35 Emmanuel Lévinas als herausragender Philosoph
09:41 Der unaufhaltsame Aufstieg des Ego-Ichs
12:07 Das sich selbst befreite Ich greift nach außen
15:26 Sozialität ist nur eine sekundäre Ergänzung
18:02 Verschiedene Versuche, um gegenzusteuern
19:56 Das Angesicht als Schlüsselbegriff
23:56 Das Ego-Ich kann über das Angesicht nicht verfügen
26:28 Wir befinden uns grundlegend in Verantwortung
29:21 „Der Herr blicke euch freundlich an…“
Intensiv christliche Gemeinschaften betonen, dass sie Jesus in die Mitte stellen. Was aber meint das? Wie lässt sich in unserer Mitte ein Raum für den Auferstandenen eröffnen, ohne in einen Jesus-Kult zu verfallen? In dieser Episode gehen wir dem Begriff „Mitte/ler“ nach und verbinden diese Spuren mit der kabbalistischen Lehre vom Zimzum, der Kontraktion Gottes. Indem sich Gott aus seiner Mitte zurückzieht, macht er den Raum frei für Neues. Das ist der große kosmische Hintergrund für das, was wir mit „Schalomräume aufspannen“ bezeichnen.
00:00 Zimzum: Die Mitte frei machen und frei halten
01:46 (1) Was meint: Jesus in die Mitte stellen?
09:32 (2) Rückblende: Zellgemeinde-Konferenzen
16:01 (3) Zurück ins NT: Jesus der Mitte/ler
20:37 (4) Jesus ist der Gastgeber einer freien Mitte
23:39 (5) Von wo aus redet Gott? Aus der leeren Mitte
28:21 (6) Die Lehre vom Zimzum | Gottes Kontraktion
34:58 (7) Die Rolle des Kreuzes als Zimzum Gottes
40:32 Die Puzzleteile zusammensetzen
- Christoph Schulte: Zimzum – Gott und Weltursprung, Berlin 2014.
- Gershon Scholem: Schöpfung aus dem Nichts und Selbstverschränkung Gottes, in: Über einige Begriffe des Judentums, Frankfurt am Main 1970, S.53-89.
Auch Jürgen Moltmann greift in seiner Schöpfungstheologie die Lehre vom Zimzum auf:
- Jürgen Moltmann: Gott in der Schöpfung – Ökologische Schöpfungslehre, München 1985, besonders die Seiten 98-99 und 160.
Alles beginnt mit einem Anfang. Das klingt banal, hat aber eine tiefe Bedeutung. Hannah Arendt spricht von der Natalität des Menschen. Das bedeutet, dass jeder Mensch Anfänge setzen kann. Wir können gestalten und sind nicht ohnmächtig einem Schicksal ausgeliefert. Schalomräume entstehen, indem jemand einen ersten Schritt macht. Der erste Schritt ist zugleich ein Schritt auf jemand anderen zu, als auch ein Schritt von sich zurück. Nur, indem ich mich zurücknehme, entsteht ein Zwischenraum, in dem eine echte Begegnung stattfinden kann.
00:00 Zu einem Kristallisationspunkt werden
01:42 Flips für Fremde
08:00 Hannah Arendt und die Natalität
10:59 Alles beginnt mit Kristallisationspunkten
15:39 Die Phasen des Anfangens
21:34 Wie kann ich von mir selbst zurücktreten?
28:50 Exkurs: Was meint „authentisch sein“?
32:46 Den inneren Christusraum kultivieren
37:16 Beten als Dialyse des Geistes
40:09 Hörübung: In Christus sein
- So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. (Röm.8,1)
- Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. (Röm.8,2)
- Weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. (Röm.8,39)
- Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der für uns zur Weisheit wurde durch Gott und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung,… (1Kor.1,30)
- Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. (1Kor.15,22)
- Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2Kor.5,17)
- Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. (Gal.3,26)
- Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. (Gal.3,28)
- Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen. (Eph.2,10)
- Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, nahe geworden durch das Blut Christi. (Eph.2,13)
- Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus. (Eph.4,32)
- … und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. (Phil.3,14)
- Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus. (Kol.2,15)
- Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. (1Tim.1,14)
- So sei nun stark, mein Kind, durch die Gnade in Christus Jesus. (2Tim.2,1)
- Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. (1Petr.5,10)
- Arendt, Hannah: Über das Böse – Eine Vorlegung zu Fragen der Ethik, München 2007.
- Volf, Miroslav: Von der Ausgrenzung zur Umarmung: Versöhnendes Handeln als Ausdruck der christlichen Identität, Marburg, 2012.
Schalomräume entstehen nicht automatisch. Sie müssen initiiert werden. Es bedarf einer Person, die den Anfang setzt. Aber es gibt keine Garantie, dass sich solche Räume „öffnen“ und sie „gedeihen“. Die Schlüsselrolle, damit Schalomräume entstehen und aufblühen können, wird mit dem Begriff „Host“ oder der „Kunst des Hostings“ bezeichnet. Ein Host ist ein:e Gastgeber:in für tiefere und bedeutungsvollere Gespräche. Das Spannende: Es lässt sich lernen. Jede:r kann zu einem Schalom-Host werden.
00:00 Die Kunst des Hostings
01:57 Was ist gute Gastgebung?
03:35 Host: Sechs neue Rollen für Engagement
05:52 (1) Initiator, (2) Inviter, (3) Space Creator
07:32 (4) Gatekeeper, (5) Connector, (6) Co-Participator
11:12 Sich als Host an vier Orten bewegen
15:32 Drei vertiefende Bilder für Hosting
21:17 Art of Hosting – Tiefe Gespräche initiieren
26:25 Ein Gespür für lebensfördernde Beziehungsräume
- McKergow, Mark; Bailey, Helen: HOST – Six New Roles of Engagement – For Teams, Organizations, Communities, Movements, London 2014.
- Pogatschnigg, Ilse M.: The Art of Hosting – Wie gute Gespräche Führung und Zusammenarbeit verbessern, München 2021.
Vieles, was wir in diesem Podcast mit „Schalomräume aufspannen“ bezeichnen, kommt in anderen Fachbereichen mit einer anderen Begriffssprache vor. Eine wichtige Spur ist das „Dialogische Prinzip“ und das Wesen echter Begegnung. Martin Buber und David Bohm sind bedeutsame Pioniere. Verlängert werden diese Überlegungen von Peter M. Senge, William Isaacs im Themenfeld der Organisationsentwicklung. Martina und Johannes Hartkemeyer liefern eine Reihe von praktischen Anleitungen, um dialogische Intelligenz einzuüben.
00:00 Die öffnende Kraft des Dialogischen
04:55 Der Ursprungsbegriff „dia-logos“
06:15 (1) Martin Buber und die Kunst der Begegnung
14:35 (2) David Bohm und das gemeinsame Denken
24:56 (3) William Isaacs und die transformative Kraft
30:04 (4) Die Hartkemeyers und praktische Anleitungen
Schalom hat nichts mit einer passiven, gelangweilten Ruhe zu tun. Ganz im Gegenteil: Schalom ist dynamisch, pulsierend und lebensfördernd. In dieser Episode geht es darum, das Phänomen von Schalomräumen mit Bildern aus der heutigen Zeit zu beschreiben. Und ein genaueres Verständnis davon zu bekommen, wo und wann sich Schalomräume ereignen können. Die Herausforderung besteht darin, ein Themenfeld, das unter den Überschriften „Frieden“ und „Reich Gottes“ vielen als allzu bekannt vorkommt, erneut zu entdecken.
00:00 Das Was, das Wo und das Wann kompakt erklärt
02:48 (1) Was ist Schalom?
04:49 Fingerprints of Fire – Footprints of Peace
06:04 Schalom als Energiefeld des Lebens
07:24 Schalom als Beziehungsgeschehen
10:14 (2) Welche Bilder sind treffend?
10:33 Schalomräume als Wurfzelte
11:19 Schalomräume als Wolken und Aufwindfelder
14:06 Schalomräume als kunstvolle Seifenblasen
15:46 Schalomräume als Schwungtücher
17:35 (3) Was meint der Begriff „Raum“?
22:17 (4) Wo können Schalomräume entstehen?
24:32 (5) Wie groß können Schalomräume werden?
26:08 (6) Wann können Schalomräume entstehen?
28:26 (7) Wie lange dauern Schalomrräume an?
30:32 (8) Wie lassen sich Schalomräume stabilisieren?
32:57 Gastgeber:in für Gottes Schalom werden
Jesus verkündigte nicht nur mit Worten das angebrochene Friedensreich Gottes. Einen Großteil seiner Botschaft lässt sich an seinem Leben ablesen. Das Lukasevangelium betont besonders die Tischgemeinschaften. Im Johannesevangelium werden tiefe Begegnungen beschrieben. Das Auftreten von Jesus war „voll Gnade und Wahrheit“. Das sind zwei Begriffe, denen umfangreiche hebräische Wortfelder zugrunde liegen. In Kombination mit „Güte und Treue“ wie auch mit „Gerechtigkeit und Friede“ ergibt sich ein spezifischeres Bild davon, was Schalomräume ausmacht.
00:00 Wie Jesus den Schalom Gottes gelebt hat
01:17 Vier Evangelien mit verschiedenen Aspekten
03:49 Jesus sammelt Schüler für einen Schalomraum
04:53 Tischgemeinschaften im Lukasevangelium
07:03 Beispiele aus dem Lukasevangelium
13:12 Lukas 10: Ausgesandt in die Gutshöfe
15:57 Begegnungen im Johannesevangelium
16:50 Beispiele aus dem Johannesevangelium
20:29 Schalom am Lagerfeuer mit Brot und Fisch
21:59 Die Beziehungsqualität von Schalomräumen
24:26 Jesus war voll Gnade und Wahrheit
26:21 Psalm 85: Gerechtigkeit und Friede
27:51 Die umschreibende Sprache hebräischer Poesie
29:09 Drei Begriffspaare interpretieren sich gegenseitig
31:27 Wahrheit ist ein Beziehungsgeschehen
32:27 NT-Briefe: Gemeinden als Räume des Schalom
35:37 Das Ende der Apostelgeschichte als Anfang
Um Jesu Verständnis vom Friedensreich Gottes besser zu verstehen, ist es wichtig, nicht nur auf seine Worte zu achten. Interessant ist, wie er sich zu den vier religiös-kulturellen Hauptströmungen verhalten hat: den Sadduzäern, den Zeloten, den Essenern und den Pharisäern. Was hat er bei ihnen positiv aufgegriffen und wo hat er sich distanziert? Je mehr wir uns mit diesen vier Gruppen beschäftigen, desto klarer wir, wie kein Schalomraum entsteht. Stattdessen hat Jesus einen neuen Weg gelehrt.
00:00 Vier religiöse Strömungen
01:37 (1) Sadduzäer – Obrigkeitliche Institution
08:04 (2) Zeloten – Revolution von unten
16:59 (3) Essener – Rückzug aus der Welt
23:45 (4) Pharisäer – Alltagsintegrierte Praxis
32:22 Die Suche nach einem neuen Weg
Buchtipp: Küng, Hans: Jesus, München 2012.